Lindsay Ell spricht erstmals offen über ihr Leid als Jugendliche. Gleichzeitig spricht sie anderen Opfern Mut zu. Ihr Song „make you“ soll dabei helfen.
Der 7. Juli ist der Global Forgiveness Day – der weltweite Tag des Vergebens. Die Sängerin, Songschreiberin und Chartstürmerin Lindsay Ell feiert den Tag mit der digitalen Veröffentlichung ihres neuen Songs „make you“ aus dem kommenden Album „heart theory“ (erscheint am 14. August 2020).
Dass das Lied – welches Ell gemeinsam mit der grammynominierten Songschreiberin Brandy Clark verfasste – genau an diesem Tag veröffentlicht wird, hat eine ganz besondere Relevanz: In „make you“ spricht die Musikerin zum ersten Mal ganz offen über ihr Schicksal als Opfer sexueller Gewalt. Ell wurde im Alter von 13 Jahren vergewaltigt. In „make you“ erzählt sie auf gleichermaßen offene wie introspektive Art und Weise, welche Auswirkungen dieses schreckliche
Erlebnis auf ihr Leben hatte.
Auf ihrem neuen Album „heart theory“ nimmt Ell ihre Hörer und Hörerinnen mit auf eine Reise durch die sieben Phasen der Trauer: Schock, Leugnung, Wut, Verhandeln, Depression, Austesten und Akzeptanz. „make you“ ist dabei der erste Song, der der Phase der Vergebung zuzuschreiben ist. Mit dem Stück möchte die Musikerin anderen Opfern von sexuellen Traumata helfen und Mut machen.
Besonderes Ereignis als ausschlaggebender Grund für Song
Es war ein ganz besonderes Ereignis, das ihr klar machte, dass sie ihr eigenes Schicksal nicht länger geheim halten könne, erklärt Ell: „Vor drei Jahren saß ich bei einem Besuch zum Start des Musikprogramms von Youth For Tomorrow mit einigen Mädchen im Alter von zwölf bis 18 Jahren, die alle Opfer von Vergewaltigungen oder von Sexhandel waren, in einem Konferenzraum. Ich erzählte ihnen meine Geschichte, sie erzählten mir ihre Geschichten. Das hat mich sehr inspiriert. Als ich an diesem Tag diesen Raum verließ, wusste ich, dass es an der Zeit war, auch meine Geschichte zu erzählen. Denn sonst würde ich mir selbst die Gelegenheit nehmen, diesen Mädchen und Jungen helfen zu können und eine Verbindung mit ihnen aufzubauen. Es ist eine sehr schwierige, aber eine unbedingt notwendige Sache, über die man sprechen muss. Wir merken nicht, wie oft solche Dinge mitten in unserer Gesellschaft passieren — und das liegt zum Teil daran, dass wir nicht darüber diskutieren.”
Für Ell war gleich klar, wen sie als Songwriting-Partnerin anfragen würde. „Als ich beschloss, dass es an der Zeit war, meine Geschichte zu erzählen, kam mir eine ganz bestimmte Co-Autorin in den Sinn. Ich rief Brandy an, ein absolutes Genie beim Verfassen von Texten und Songs — und fragte sie, ob sie dieses Lied mit mir schreiben würde. Sie war furchtlos und sagte sofort ja. An dem Tag, an dem wir ‚make you’ schrieben, wusste ich, dass wir etwas Besonderes erschaffen hatten. Etwas, das hoffentlich anderen helfen wird, sich als Überlebende nicht alleine zu fühlen. Und was mich persönlich betrifft: Es war der Moment in meinem Leben, in dem ich das kleine Mädchen in mir bestätigen konnte. Ich ließ sie wissen, dass ich sie sehe und sie liebe.
Ell gründet Make You Movement
Im Zuge der Veröffentlichung von „make you“ rief Ell das Make You Movement ins Leben – einen Fonds, der wohltätige Organisationen finanziell unterstützt, die sich um gefährdete Jugendliche, Opfer häuslicher Gewalt und Überlebende sexueller Übergriffe kümmern. Ell stellt alle Einnahmen des Songs dem Make You Movement zur Verfügung. Die erste Partnerorganisation, die finanzielle Unterstützung bekommt, ist die Rape, Abuse & Incest National Network (RAINN) – die größte Organisation gegen sexuelle Gewalt in den USA.
Ell: „Ich glaube daran, dass Musik die Kraft hat zu heilen. Der Grund, warum ich mich entschieden habe, meine Geschichte an diesem Punkt in meinem Leben zu erzählen, ist, weil ich möchte, dass sie vielen Menschen hilft; und der beste Weg, Menschen zu helfen, besteht nicht nur darin, meine Stimme zu erheben, sondern auch Geld zu sammeln, um das Bewusstsein und das Verständnis zu fördern. Ich möchte Programme unterstützen, die Mädchen und Jungen helfen, die möglicherweise Opfer geworden sind – und Sicherheits- und Präventionsprogrammen, die darauf abzielen, potenzielle Opfer zu schützen. Schließlich hat mir das Schreiben von „make you“ den Mut gegeben, meine Vergangenheit nicht über meine Zukunft entscheiden zu lassen. Also will ich Maßnahmen ergreifen, um genau das zu tun. Meine Hoffnung ist, dass dabei meine Handlungen und mein Lied andere dazu inspirieren, ebenfalls aktiv zu werden.“
Vergebung als Voraussetzung für Heilung
Der Release von „make you“ am Global Forgiveness Day unterstreicht die Überzeugung der Musikerin, dass Vergebung wesentlich für den Heilungsprozess ist. Wesentlich, das betont Ell, sei es auch, sich selbstverzeihen zu können. Im exklusiven Interview mit „People“ erklärt die Sängerin: „Ich wollte den Song unbedingt am Global Forgiveness Day veröffentlichen. Menschen aus unserer Vergangenheit zu vergeben, aus welchen Gründen auch immer, ist eine wichtige Sache. Aber ebenfalls extrem wichtig ist es, sich selbst zu vergeben. Heilung kann erst dann beginnen, wenn man sich in seinem Herzen für Vergebung öffnet.“