Stephen Wilson Jr. kehrte Anfang November zurück nach Deutschland. Seine erste Headliner-Tournee brachte ihn wieder in die Berliner Passionskirche.
Die Passionskirche im Berliner Stadtteil Kreuzberg verspricht immer wieder besondere Livemomente. So lud die Konzertreihe Sound of Nashville am vergangenen Dienstag wieder dorthin ein. Stephen Wilson Jr. sorgte daher schon vor Einlass für großen Andrang. Der Singer-Songwriter spielte sich im Rahmen des C2C Festivals in die Herzen der deutschen Country-Fans, die auch an diesem Abend zahlreich erschienen und etwas länger als geplant in der Berliner Kälte warten mussten, bis sich die Türen der Passionskirche öffneten.
Den Start in einen ganz besonderen Abend machte die noch junge Singer-Songwriterin Zandi Holup aus Pennsylvania. Sie selbst beschreibt sich als „sad hippie cowgirl“, was wie die Faust aufs Auge passt. So begrüßte Zandi das deutsche Publikum mit einem lächeln im Gesicht: „Ich hoffe ihr mögt traurige Songs, denn das ist was ich die nächste halbe Stunde für euch spielen werde!“ Im Vorfeld war noch nicht ganz klar, was einen erwarten würde, denn Zandi hat bisher erst einen Song veröffentlicht. Doch ihre wunderbare Stimme und die herzerwärmenden Geschichten ihrer Songs ließen einen perfekten Einstieg zu, auf das was noch folgenden sollte.
Pünktlich um 21.00 Uhr betrat Stephen Wilson Jr. gemeinsam mit Scotty Murray die Bühne. Mehr Musiker sind beim „Death Cab for Country“ nicht nötig, um eine beeindruckende Klangkulisse zu schaffen. Zwei Männer, der eine mit sumpfiger Akustikgitarre, der andere mit krachender Lap Steel. Eine minimale Besetzung, aber mit brachial vollem Sound. Die besondere Akustik in der Passionskirche tat ihr übriges.
Das Publikum hörte Stephens Darbietung gespannt zu, etwas mehr Stimmung hätte dem Abend dennoch gutgetan. Ein einzelner Besucher benahm sich sogar recht bieder und mit hoher Nase, insgesamt zeigte die deutsche Country-Community abermals ihre über Landesgrenzen bekannte freundliche Verbundenheit.
Die Setlist bot so gut wie alle gewünschten Hits (nur ein besonderer Song fehlte, mehr dazu später). Der Auftritt startete mit „Calico Creek“, natürlich durfte der dreckige Bootstomper „Billy“ ebenso wenig fehlen wie „Cuckoo“. Eine beeindruckende Geschichte über Stephens Erlebnis nahezu ins innere eines Hurricanes zuschauen, begleitete „Twisted“. Die Zeit zwischen den Songs spickte der studierte Wissenschaftler immer wieder mit tiefgründigen Geschichten und Erfahrungen, die durch sein intelligentes, reflektiertes Wesen und der ruhigen, aber einnehmenden Erzählweise sofort in den Bann ziehen.
Nach „Patches“, „Fathers Son“, „Year To Be Young 1994“, „Hometown“ und einem ekstatischen Cover von Nirvanas „Something In The Way“ brodelte in mir die Vorfreude auf seinen beklemmendsten, aber überwältigendsten Song „Holler From The Holler“. Doch der sollte auch während der mit Standing Ovations gefeierten Zugabe nicht kommen. Nach dem Konzert erklärte Stephen im Gespräch, dass er dieses brachiale Stück in Respekt vor der ehrwürdigen Veranstaltungsstätte im Herzen der Passionskirche nicht spielen wollte.
Mit diesem kleinen Wermutstropfen ging ein großartiger Konzertabend zu Ende. Stephen Wilson Jr. in der Passionskirche. Das war tief emotional, bedrückend aber genauso wunderschön.