Lindsay Ell gilt als eine der aufregendsten und talentiertesten jungen Künstlerinnen
der Country-Musik und überzeugt als versierte Musikerin, einzigartige Sängerin und Songwriterin.
Die gebürtige Kanadierin veröffentlichte vor kurzem ihre neue Single “I Don’t Love You”, im Duett mit Brantley Gilbert ist sie zu dem seit Monaten Dauergast in den US-Country-Charts.
Im November war sie gemeinsam mit Schlagersänger Ben Zucker auf großer Arena-Tour. Vor dem Abschlusskonzert trafen wir Lindsay in Berlin und sprachen mit ihr über ihr kommendes neues Album, Vorbildern und die Herausforderung von Frauen in der von Männern dominierten Country-Musik.
CNTRY: Heute ist der letzte Tag deiner Tournee. Wie war’s?
Lindsay Ell: Oh Gott, wir lieben es so sehr in Deutschland zu spielen. Es ist ja bereits das dritte Mal, dass ich hier in Deutschland bin und es ist unglaublich wieder da zu sein und gemeinsam mit so einem großartigen Sänger wie Ben Zucker unterwegs zu sein, der so große Arenen füllt. Wir haben jetzt in so vielen deutschen Städten gespielt – Es ist einfach nur wundervoll!
Das ist jetzt deine zweite große Tour als Support-Act in Deutschland. Ich erinnere mich noch an deine Tour mit Luke Bryan vor ein paar Jahren…
Oh ja! – Eine tolle Erinnerung!
Wie unterschiedlich ist das Publikum, wenn man für einen Country-Sänger spielt im Vergleich zu diesen Shows mit dem Schlagerstar Ben Zucker?
Ich finde, die Musik, die ich spiele ist auch nicht unbedingt Country. Man könnte mich leicht in die Pop, Rock, vielleicht sogar Blues Schiene einordnen. Also fühle ich mich bei den Shows mit Ben wie zuhause. Er und seine Band sind so nett. Sie haben uns schnell in ihre Tourfamilie aufgenommen. Deshalb ist diese Tour einer meiner Liebsten!
Als ich dich beim diesjährigen C2C in Berlin gesehen habe war ich echt erstaunt. Irgendwie hatte ich vergessen wie genial dein Gitarrenspiel ist – wie hast du das gelernt?
Ich habe mit acht Jahren angefangen zu spielen, mit sechs sogar schon Klavier. Aber die Gitarre war viel cooler! Nachdem mein Dad sie in meine Hand gedrückt hatte, habe ich sie nicht mehr loslassen wollen. Ab diesem Zeitpunkt war ich verliebt. Ich habe es genossen andere Gitarristen zu treffen und meine Skills zu verbessern. Da ich jetzt in Nashville wohne, wo einige der besten Gitarristen der Welt leben, genieße ich es mit ihnen abzuhängen und gemeinsam zu jammen.
Was liebst du mehr: Das Gitarrespielen oder um die Welt reisen?
Puh, das ist eine schwierige Frage! Ich liebe es, das hier meinen Job nennen zu dürfen und deshalb die Welt zu bereisen. Wenn ich mich entscheiden müsste, würde ich mich für das Reisen entscheiden. Die Welt sehen und meine Musik zu spielen, dann ist das Gitarrespielen nur die Kirsche auf der Torte.
Dieses Jahr hast du in Kanada, in den USA, Europa und sogar Japan gespielt. Gibt es Unterschiede zwischen Konzerten in Amerika und Europa?
Ja, tatsächlich! Ich liebe die Konzerte und das Publikum in Europa so sehr, weil ihr so respektvoll seid. Ihr liebt es zuzuhören und mitzugehen – Ob ihr nur klatscht oder mitsingt – und wenn ihr das eben nicht macht hört ihr aufmerksam zu und achtet auf den Text. Wenn ich dann ein Gitarrensolo spiele, habe ich das Gefühl, das Publikum komplett eingenommen zuhaben. In Japan war es zum Beispiel immer still und ruhig, aber nach jedem Song war der Applaus überwältigend.
Mal abgesehen von den vielen Konzerten – Du hast auch ein neues Album fertiggestellt, oder?
Oh ja! Wir arbeiten noch dran. Es wird mein offizielles zweites Studioalbum und ich bin schon richtig aufgeregt Ich habe in den letzten Jahren so hart daran gearbeitet und Songs geschrieben über alles, was in der Zwischenzeit in meinem Leben passiert ist. Es müsste in der ersten Hälfte des neuen Jahres rauskommen, hoffentlich schon im Frühjahr.
Die Leadsingle ist schon veröffentlicht. „I Don’t Love You“ ist ein sehr persönlicher Song, richtig?
Das ganze nächste Album basiert auf große Veränderungen, egal ob es eine schmerzhafte Trennung ist, Kündigungen oder Jobwechsel oder um die Welt reisen. Ich selbst hatte mit einer Trennung zukämpfen und habe dann über all diese Schritte des Heilungsprozesses geschrieben. Darüber, wie es sich anfühlt, wenn man eine Beziehung beendet. Es erst nicht wahr haben möchte, aber es dennoch akzeptieren muss weil das Leben weitergeht. „I Don’t Love You“ stellt diesen ersten Schritt nach einer Trennung dar.
Wird das neue Album rockiger?
Ja! Auf jeden Fall!
Genau so mag ich es!
(lacht) Perfekt! Es wird definitiv eher rockigere Töne anschlagen. Das ist was ich liebe und wie ich unsere Liveshows spiele. Heißt: Mehr Rocksongs! Ich arbeite im Studio mit einem Produzenten namens Dan Huff zusammen. Dan ist einer meiner liebsten Gitarristen. Er hat in den 80ern in Rockbands gespielt, auf Platten von Michael Jackson mitgewirkt und heute produziert er verschiedene Projekte. Da er so ein genialer Gitarrist ist, weiß er genau wie er das Beste aus mir rausholen kann.
In den letzten Jahren gab es immer wieder Debatten darüber, dass zu wenig Frauenstimmen im Country-Radio stattfinden. Du bist nun eigentlich kein „echter“ Newcomer mehr…
(lacht) Oh ich bin seit Jahren Newcomer!
…Aber du bist ja Gott sei Dank nicht die einzige Newcomerin, die im Country-Radio gespielt wird. Wenn wir auf Songs deiner Kolleginnen Ingrid Andress oder Caylee Hammack schauen, stelle ich fest: Songtexte von Frauen – das gilt auch für „I Don’t Love You“ – sind dieser Tage viel tiefgründiger als die der Männer. Woran liegt das?
Da draußen sind so viele talentierte Sängerinnen. Wir Frauen müssen definitiv härter arbeiten als Männer – wir dominieren die Country-Szene ja nicht und müssen oftmals den längeren Weg gehen. Genau deshalb ist die Musik oftmals besser und tiefgründiger. Und sie erzählt die besseren Geschichten – das finde ich bemerkenswert. Denn als Frau im Musikbusiness musst du dein eigenes Markenzeichen finden, ein Statement setzen und dein Publikum studieren. Manchmal ist das nicht leicht. Männer haben es da ein wenig leichter.
Hast du ein Vorbild?
Ich schaue zu vielen Menschen aus den verschiedensten Musikrichtungen auf. Ich verehre Keith Urban, weil er den Blues zur Country-Musik brachte. Wenn du dir mal eine Show von ihm anschaust, dann ist das wie auf einem Rockkonzert!
Stimmt! Ich war nie ein Keith Urban Fan – bis März 2019, als er beim C2C aufgetreten ist. Das war der Wahnsinn!
Ja – er ist so cool, oder?! Ich liebe es ihm zuzuschauen, es ist einfach so unterhaltsam. Er hat das Talent eines Sängers, Songwriters und eines Entertainers. All diese Sachen kommen bei seinen Shows zusammen. Ich lasse mich aber auch von John Mayer inspirieren, weil er den Blues in die Popwelt bringt. Und Menschen wie Sheryl Crow oder Bonnie Raitt, die mich schon in Kindheitstagen angetrieben haben.
Das Jahr ist nun fast zu Ende. Auf was freust du dich in 2020 am meisten?
2020 wird richtig spannend! Mein zweites Album steht in den Startlöchern, ich darf sehen, wie sich die Leute in meinen neuen Song “I Don’t Love You” verlieben. Und hoffentlich auch einen eigenen Nummer 1 Hit haben, eine große Tournee starten und weiterhin die Welt bereisen.
Und dann kommst du wieder nach Deutschland!
Ja – schon im März! Und dann folgt eine kleine Tour später im Jahr.
Lindsay Ell tritt am 6. März beim C2C Country to Country Festival in Berlin auf. Tickets dafür gibt es hier. Die aktuelle Single “I Don’t Love You” ist ab sofort auf allen Download und Streamingplattformen erhältlich.