Jordan Davis im Interview: „Wir müssen den Herzschlag von Nashville am Leben erhalten“

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Jordan Davis im exklusiven Interview mit CNTRY über Inspiration, Familie, den perfekten Song und verpasste Chancen.

Für Jordan Davis war es die Leidenschaft Songs zu schreiben, die den aus Louisiana stammenden Musiker nach Nashville führte. Nach Jobs als Tellerwäscher und Barkeeper, führte ihn seine Karriere in kleine Cafés. Heute, nach sechs Nummer-1-Songs, über vier Milliarden Streams und der CMA Trophäe für den besten Country-Song des Jahres 2022 für „Buy Dirt“ füllt der Country-Hitmacher die großen Hallen. Im vergangenen Jahr veröffentlichte er mit „Bluebird Days“ sein zweites Studioalbum und ging auf große „Damn Good Time“ Headliner-Tour. Diese verlängerte er für eine zweite Runde mit Terminen in Europa, unter anderem mit zwei Konzerten in Deutschland. Nachdem CNTRY Jordan Davis schon 2019 zum Interview begrüßen durfte, trafen wir ihn erneut. Diesmal vor seiner ausverkauften Show in Hamburg.

Wie sehr es dem Country-Star in Deutschland gefällt, welchen bekannten Hit-Song er abgelehnt hat und warum man eben den Herzschlag von Nashville am Leben erhalten sollte, erfährst du im exklusiven Interview!

Jordan Davis spielte sein erstes Headliner-Konzert in Deutschland im Februar 2024 vor ausverkauftem Haus im Gruenspan Hamburg, Fotos: Sven Hartwig für CNTRY

CNTRY: Schön, dass du wieder hier in Deutschland bist. Das letzte Mal ist jetzt fast fünf Jahre her. Wie hat sich dein Publikum seitdem verändert?

Jordan Davis: Es ist auf jeden Fall anders. Aber auf einer guten Art und Weise. Das letzte Mal waren wir als Support von Old Dominion hier und überrascht, wie viele Leute unsere Musik schon kannten. Jetzt, wo wir als Headliner zurückkommen, kennen sie jeden Song. Ich fühle mich schon schlecht, weil ich Songs nicht auf der Setlist habe, die Fans hören wollen. Sie rufen die laut rein, ob ich sie nicht spielen kann. Der Empfang war bisher großartig und hat unsere Erwartungen übertroffen.

Selbst vor fast fünf Jahren haben sich viele Fans mehr gefreut euch zu sehen als Old Dominion…

Wir haben uns ja beim letzten Mal kurz darüber unterhalten, wie wichtig es für uns seit Beginn ist, sich einen Namen in Europa aufzubauen. Ein Publikum außerhalb der USA zu erreichen war schon wichtig für mich, als ich meinen Plattenvertrag unterschrieb. Also haben wir hart daran gearbeitet und es ist großartig zu sehen, dass es sich auszahlt. Ich war Old Dominion sehr dankbar, dass sie mich hierher mitgenommen haben. Aber ich habe das genauso wahrgenommen wie du.

Das ist auch wirklich nichts selbstverständliches. Denn nicht viele Country-Acts wagen regelmäßig den Weg nach Europa!

Wir lieben es, euch hier zu besuchen! Es ist wirklich schön hier. Wir mögen es in Deutschland abzuhängen. Während dieser Tournee lernen wir außerdem drei neue Orte kennen. Wir sind zum ersten mal in Zürich, Dänemark und Norwegen zu Gast. Für uns geht es auch darum, die Welt erkunden zu dürfen, aber eure Liebe zur Country-Musik haut uns einfach um. Dafür sind wir extrem dankbar. Es fühlt sich gut an, wenn wir so weit weg von zu Hause rausgehen und Leute sehen, die ebenso eine Verbindung mit diesen Songs spüren. Das ist ehrlich gesagt ziemlich inspirierend. Es gibt dir viele neue Perspektiven auf das Songwriting und einige neue Ideen. Ich habe das Gefühl, es macht mich zu einem besseren Künstler, wenn wir hier weiterhin versuchen ein Publikum aufzubauen.

Jordan Davis – „What My World Spins Around“: Ein Fan-Favorit bei seinen Konzerten

Gibt es etwas, dass dein Publikum in den Staaten von uns Europäern lernen kann?

(lacht) Das ist eine witzige Frage! Jeder sagt, dass das europäische Publikum mehr zuhört. Und das macht ihr in gewissem Maße auch. Es ist aber nicht so, dass es kein Spaß machen würde. Es ist ja nicht so, dass ihr nicht klatscht, laut sein oder die Songs abfeiern würdet. Wir spielen auf dieser Tour einen brandneuen Song, den wir noch nicht veröffentlicht, angekündigt oder angeteasert haben. Und es ist unglaublich, wie ihr den Song aufnehmt und wie tief das Publikum in den Songtext eintaucht. Ich will nicht sagen, dass die Staaten das übernehmen müssen, aber es macht einfach Spaß wie viele Leute den Songwriter-Teil davon genießen. Das ist etwas ganz besonderes.

Das liegt wohl daran, dass ein Country-Konzert für uns nichts alltägliches ist…

Ja, es ist auch nicht das Einfachste, über den großen Teich zukommen. Wir sind diesmal mit zehn bis zwölf Leuten hier, bestehend aus Band und Crew. Das ist ziemlich viel. Wir mussten drei bis vier Tage früher rüber fliegen, um alles herzubekommen. Wir sind alle Väter. Wir würden das also nicht machen, wenn es uns nicht viel bedeuten würde hier zu sein und Zeit mit den europäischen Fans zuverbringen. Weit weg von unseren Familien zu sein ist nicht leicht. Aber es lohnt sich einfach sehr, hierher zukommen und Musik spielen zu dürfen, weil es gut ankommt.

Apropos ruhigeres Publikum. Dein aktuelles Album „Bluebird Days“ ist das im Vergleich zu „Homestate“ auch…

Ja, natürlich! Es legt definitiv mehr Wert auf den Songwriter-Aspekt.

Warum?

Ich glaube, ich bin einfach erwachsen geworden. „Homestate“ habe ich geschrieben, da war ich Anfang 20 und Single. Jetzt, sechs bis sieben Jahre später, habe ich drei Kinder und mein Leben sieht ganz anders aus. Das spiegelt sich auch in meinem Songwriting wieder. Außerdem sagt jeder, dass das zweite Album das Wichtigste ist. Manche Menschen denken, du hattest nur Glück mit dem Ersten und das Zweite ist das, mit dem du dich beweisen musst. Ich wollte etwas machen, worauf ich selbst stolz sein kann. Also habe ich jeden Song so ausgesucht, dass ich abends stolz ins Bett gehen konnte. Ganz gleich, wie es von Anderen aufgenommen wird. Der einfachste Weg, das hinzubekommen, ist ehrlich zu sein. Es ist definitiv das ehrlichste Songwriting, das ich je gemacht habe.

„Es gibt einen bestimmten Punkt, wo sich Künstler umdrehen müssen, um etwas zurückzugeben.“

– Jordan Davis

Wie wichtig ist es für dich, deine eigenen Gefühle oder Geschichten in Songs zu erzählen? Denn einige Künstler ruhen sich lieber aus und verlassen sich auf Songs, die andere für sie schreiben…

Mit „Bluebird Days“ habe ich erstmals auch Songs von anderen aufgenommen. Es gibt zwei Songs auf dem Album, die nicht aus meiner Feder stammen. Das habe ich gemacht, weil es so viele Frauen und Männer in Nashville gibt, die unglaublich gute Songs schreiben, aber nicht gehört werden. Für lange Zeit war ich tatsächlich der Typ, der alle Songs selbst schreibt, einen tollen Song hört und ihn deshalb trotzdem ablehnt. Dafür hätte ich mich sogar getreten, weil es besser war als das, was ich geschrieben habe. Für „Bluebird Days“ hatten wir bestimmte Themen auf dem Zettel, die wir unbedingt aufgreifen wollten. Und ich wusste, dass mir zwei Stellen davon fehlten. Deswegen nahm ich zwei externe Songs. Ich ging also zu einigen meiner meist geschätzten Songwriter-Kollegen und fragte sie, „Hast du vielleicht einen Song, der dieses Thema aufgreift?“. Das war bisher das einzige Mal, dass ich etwas von außerhalb genommen habe. Wir werden sehen, ob das für das nächste Album auch passiert. Denn mit drei Kindern bist du ziemlich beschäftigt. Es fällt mir schwerer, mich hinzusetzten und zu schreiben. Das ist die eine Hälfte der Antwort. Die andere ist, ich weiß, wie schwer es ist einen Song zu platzieren. Ich habe das sechs lange Jahre versucht. Und ich weiß, dass es unglaublich gute Songschreiber in Nashville gibt, die dafür sterben würden, einen Song auf ein Album zu bekommen. Und so plump das klingen mag… Ich sehe mich als die Hand, die das ermöglichen kann. Ich bin sehr glücklich und gesegnet, dass ich so einen Erfolg mit meinen Songs feiern durfte. Es gibt einen bestimmten Punkt, wo sich Künstler umdrehen müssen, um etwas zurückzugeben. Wir müssen den Herzschlag von Nashville am Leben erhalten. Und das Herz schlägt nur weiter, wenn wir Songs aufnehmen, die wir selber nicht geschrieben haben. Meine Sicht darauf hat sich in den letzten Jahren geändert, aber mal sehen wie viele externe Songs es auf die nächste Platte schaffen.

Was macht einen perfekten Song aus? Woher weißt du, welcher Song es auf ein Album schafft?

Ich habe dafür eine Art persönliches Barometer, denn ich höre dauernd tolle Songs. Ich meine, es gibt nur sehr wenige schlechte Songs, die in Nashville geschrieben werden. Du bekommst also Songs geschickt. Der eine ist gut, der andere ist besser und dann kommt der Nächste. Von dem wünscht du dir, du hättest ihn geschrieben. Sobald ein Song in die „Verdammt noch mal, ich wünschte ich hätte das geschrieben“ Kategorie fällt, kommt der Moment, in dem dir klar wird: Den muss ich aufnehmen. Was genau ein perfekter Song ist, ist allerdings schwer zusagen. Natürlich habe ich meine Meinung dazu, aber ein Fremder könnte das schon wieder ganz anders sehen. Es ist wie ein bewegliches Ziel und der Grund dafür, warum Songwriting mir so viel Spaß macht. Weil du immer versuchen wirst, den einen Song zuschreiben. Das ist zwar ein hartes Ziel, aber eines, wofür es sich lohnt jeden Tag aufzustehen.

Die aktuelle Single „Tucson Too Late“:

Ist dir schon mal passiert, dass du einen Song verworfen hast und ein anderer nimmt ihn wieder auf?

Ich kann dir jetzt genau einen verraten. Nämlich „Where The Wild Things Are“ von Luke Combs. Diesen Song habe ich zum ersten Mal zwischen 2016 und 2017 gehört. Denn ein Kumpel von mir schrieb den Song und schickte ihn mir zu. Er wollte, dass ich ihn anhöre und fragte dann, ob das nicht etwas wäre, was ich aufnehmen möchte. Ich sagte ihm, dass ich den Song mag und ihn wirklich toll fand. Aber ich dachte, dass er zu diesem Zeitpunkt nicht der richtige für mich war. Und siehe da… Etwa sieben Jahre später hat Luke Combs einen großen Hit damit gelandet. Da habe ich wohl mal einen Hit-Song übersehen.

Lass uns noch kurz über deine aktuelle Single „Tucson Too Late“ sprechen. Das ist keine persönliche Geschichte, oder? Denn ich glaube, du hattest nie eine Freundin von dort und bist selbst in Louisiana aufgewachsen…

Ja, das ist tatsächlich kein persönlicher Titel. Aber mit einer Idee wie „Tucson Too Late“ macht es einfach Spaß eine leere Seite mit Inhalt zufüllen. Also haben wir uns diese Geschichte ausgedacht. Denn ich denke, du blickst immer auf frühere Beziehungen und Trennungen zurück, selbst wenn sie nicht in Arizona passiert sind. Aber jeder ist in der Lage, die Gefühle und Emotionen darin zu begreifen. Nur aus Zufall spielt sich die Geschichte in Tucson ab. Es hat sehr viel Spaß gemacht, das zu schreiben. Es war einfach so viel Freiheit dabei und das habe ich vorher noch nie gemacht. Normalerweise würde die Dinge auf mich limitieren und mit etwas spielen, das mir in der Vergangenheit widerfahren ist. Oder etwas, das ich in diesem Moment durchlebe. Einer der Gründe, warum ich den Song so liebe ist, es war das erste Mal, das wir das Regelwerk gebrochen haben, weil wir eine Geschichte kreieren wollten. Was dabei herauskam ist „Tucson Too Late“.

Vielen Dank für das Gespräch, Jordan!

Danke dir! Es ist immer eine Freude, mit dir zu sprechen.

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