Brent Cobb im Interview: „Country ist Soul-Musik. Lass deine Seele singen!“

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Brent Cobb schreibt nicht nur die Hits der größten Country-Stars, er gehört auch selbst zu den wichtigsten der Szene. Ein Gespräch über Ehrlichkeit, Trauer und dem Stand der Country-Musik.

Der Singer-Songwriter Brent Cobb trat erst erstmals mit seinem gefeierten Debütalbum „Shine On A Rainy Day“ der breiten Öffentlichkeit in Erscheinung. Es folgte das gefeierte Southern Rock Album „Providence Canyon“ und ein Ausflug in die Welt des Gospels mit „And Now, Let’s Turn The Page“. Sein Cousin ist der gefeierte Produzent Dave Cobb, der ihm maßgeblich den Weg ebnete. Heute nimmt Brent seine Musik nicht nur selbst auf, sondern steht auch selbst als Produzent für andere im Studio.Sein aktuelles Album „Southern Star“ ist eine Liebeserklärung an Cobbs südliche Wurzeln, gefüllt mit den Klängen und Geschichten seines Heimatstaates Georgia. Neben seiner Arbeit als Künstler ist Cobb aber auch ein geschätzter Songwriter, seine Werke finden sich auf Alben von Miranda Lambert, Luke Combs, Keith Urban, Kenny Chesney, Riley Green, Whiskey Myers, Luke Bryan und vielen anderen wieder.

CNTRY traf Brent Cobb im Rahmen des Sound of Nashville Open Air in Köln. Wir sprachen über alte Zeiten, Heimat, Trauer und deren Bewältigung.

Brent Cobb im großen Video-Interview mit CNTRY

CNTRY: Brent, es müsste jetzt sechs Jahre her sein, als du das letzte Mal in Deutschland warst…

Brent Cobb: Ja, das ist jetzt schon sechs Jahre her…

Weil dazwischen irgendetwas unbedeutendes passiert ist?

Ja, die ganze Welt wurde kurz dicht gemacht. Das war so eine Sache die nicht in unseren Händen lag. Wir wollten eigentlich schon 2020 mit The Cadillac Three wiederkommen, das ging scheinbar aus irgendwelchen Gründen nicht. Also war das jetzt endlich wieder ein cooler Trip durch Großbritannien und Europa. Wir konnten endlich sehen, wo wir jetzt hier stehen. Und bisher sah es ziemlich gut aus.

Ich kann mich noch gut an die letzten beiden Shows erinnern, die du hier gespielt hast. Aber hast du noch Erinnerungen daran?

Nur ganz wage. Ich erinnere mich noch an einen Typen, der deutsches Bier für uns mitgebracht hat. Ich weiß nicht mehr wo genau wir gespielt haben, aber er hat sich wirklich gefreut, uns ein paar lokale Biere schenken zu dürfen. Ich glaube, dass Jade Bird damals für uns eröffnet hat. Oder war es die Tour, bei der Colter Wall unserer Support war?

Nein, du hattest einen Solo-Akustik-Auftritt in Hamburg. Nur du und Mike Harris.

Dann war es die Tour, bei der wir Colter Wall die meiste Zeit dabei hatten, um für uns zu eröffnen. Was völlig bizarr ist. Ich kann niemanden empfehlen, sich von Colter Wall supporten zulassen.

Ich war damals bei diesem Konzert selbst dabei und es war großartig! Auch, weil du danach zum Publikum gegangen bist und dich persönlich bei jedem Einzelnen bedankt hast. Deshalb bist du vermutlich der netteste Südstaatler, dem ich jemals begegnet bin!

Das mache ich noch immer! Ich erzähle während meiner Konzerte gerne diesen halben Witz, dass ich 20 Jahre dafür gebraucht habe, um meiner Karriere auf den Grund zu gehen. Ich bin einfach froh noch immer hier sein zu dürfen. Es gab so viele Jahre, in denen sich kein Mensch für meine Musik interessiert hat. Deshalb freue ich mich immer noch, wenn ich deren Hände schütteln darf.

Brent Cobb
Brent Cobb, Fotocredit: Michael Smith

Und wir verraten jetzt besser nicht, was nach der Show passiert ist. Denn wir sind danach noch in eine Kneipe gegangen und waren ziemlich betrunken!

Wirklich? Wir beide? Ich kann mich daran leider nicht mehr erinnern. (lacht)

Du hast sogar Drake White via Facetime angerufen. Es war ein wildes Ding!

Mann, das ist jetzt auch echt eine Weile her! Wahnsinn! Es könnte sein, dass wir das heute Abend wieder machen, denn wir haben nachher nichts mehr vor. Das ist heute unsere letzte Show der Tour. Also gut möglich, dass wir feierlich drauf sind.

Aber lass uns nicht in alten Zeiten schwelgen. Wir reden schließlich über Dinge, die 2017 passiert sind. Was hat sich seitdem für dich verändert?

Wenn wir über meine Karriere reden wollen, habe ich mein eigenes Plattenlabel gegründet und bringe darüber meine Musik selbst heraus. Damals war ich noch bei dem Major Label Elektra Records unter Vertrag. Und ich bin definitiv reifer geworden. Ich habe jetzt einen Sohn, hatte damals schon eine Tochter. Was das Publikum angeht, gibt es jetzt Leute die sich wirklich für mich interessieren. Es kommen jetzt echt viele Leute zu meinen Konzerten, zumindest seit den letzten paar Jahren. Das ist ziemlich cool! Eigentlich hatte ich gehofft, schon 2020 die Entwicklung sehen zu können, wie wir es jetzt endlich dürfen. Wir hätten das wirklich gern schon 2020 erlebt. Ich habe drei Alben veröffentlicht, seitdem ich zum letzten Mal hier war. Es ist einfach so viel Kram passiert.

In dieser Zeit hast du den Weg zurück in deine Heimat Georgia gefunden. Was hat dich dazu bewogen, diesen Schritt zugehen und Nashville den Rücken zukehren?

Hauptsächlich waren das nur meine Kinder. Wir wollten sie dort großziehen, wo wir aufgewachsen sind, nämlich im Süden. Davor habe ich übrigens 10 Jahre in Nashville gelebt.

Hat das auch deine Kreativität gestärkt, als du dorthin zurückgekehrt bist?

Vielleicht, ich bin mir nicht sicher. Es ist jedenfalls anders, denn ich schreibe jetzt in Zyklen. In Nashville habe ich von Montag bis Sonntag durchgeschrieben, also rund um die Uhr. Jetzt bin ich Vater für eine Weile, ein Abschnitt lang Künstler auf Tournee oder ich füttere die Gänse in unserem Teich und alle anderen Tiere auf unserer Farm. Erst danach schreibe ich auch mal. Ich weiß nicht, ob das besser ist. Ich bin aber definitiv mehr fokussiert als früher.

Brent Cobb – „Southern Star“ aus dem gleichnamigen Album

Das Ergebnis nach Georgia zurückzukehren ist dein aktuelles Album „Southern Star“, welches nun ein Jahr alt geworden ist.

Ich erwische mich immer wieder dabei zusagen, dass es neu ist. Ich sage immer, ich habe ein neues Album draußen. Nur um dann zu bemerken, dass es schon ein Jahr alt ist. Aber das coole hier bei euch ist doch… Ich habe drei Alben herausgebracht, seitdem ich das letzte mal hier war. Für euch ist all das etwas neues. 

Spielst du auch noch die älteren Sachen live?

Oh ja! Ich spiele das ganze Zeug, Alter! Ich kann sie zwar nicht wirklich Hits nennen, aber es macht immer wieder Spaß sie zu spielen.

Wie würdest du selbst den Sound des aktuellen Albums beschreiben? Denn ich finde es wirkt viel entspannter und lässiger als zum Beispiel „Providence Canyon“.

Da stimme ich dir zu. Aber das würde ich nicht nur über dieses Album sagen. Ich selbst nenne diesen Stil „Southern Eclectic“. Es spiegelt eben all die verschiedenen Stimmungen des amerikanischen Südens wieder. Manchmal bin ich „Rock“, manchmal bin ich eher „Roll“. Manchmal ein bisschen „Country“, ein anderes Mal etwas Soul“. Aber ich bin immer „Southern“ und das ist das Album auch. So sind übrigens auch meine Konzerte. Viele Leute sind von unseren Liveshows überrascht, denn sie kommen für den entspannten Kram her. Ich denke, das ist, was die Menschen mögen. Es ist, was sie erwarten, wenn sie die Straßen entlang fahren und sich meine Musik anhören. Wenn sie uns dann live sehen, sind sie überrascht wie sehr wir rocken. Ich habe in der Vergangenheit schließlich auch einige Rocksongs geschrieben. Es wurden etwa Songs von den Whiskey Myers, Blackberry Smoke oder The Steel Woods aufgenommen, die aus meiner Feder stammen. Ich schreibe einfach alles!

Manchmal bin ich „Rock“, manchmal bin ich eher „Roll“.

– Brent Cobb

Für mich ist „When Country Came Back To Town“ einer der herausragendsten Titel der Platte. In der ersten Strophe singst du über einen guten Freund von dir, dem verstorbenen und großen Rowdy Cope.

Verdammt richtig! Tatsächlich verpasse ich heute die allerletzte Show der Steel Woods. Wir hatten diese Tour bereits gebucht, da wusste ich noch nichts von ihrer Auflösung. Sie spielen heute dort, wo Jason Rowdy Cope geboren wurde. In seiner Heimatstadt Black Mountain in North Carolina. Da spielten sie früher schon ihr allererstes Konzert. Wir sind letztes Jahr gemeinsam mit ihnen dort aufgetreten und es war magisch. Denn Rowd nahm mich schon zu Beginn meiner Karriere unter seine Fittiche, als ich beschloss nach Los Angeles zugehen. Er hat mir gezeigt, wo es lang geht. Er half mir nicht nur dabei mich als Musiker zu entwickeln, sondern auch als Songschreiber. Ja, sogar als Persönlichkeit. Ich vermisse ihn wirklich sehr. Er hatte auch einen großen Einfluss darauf, wie es um die Country-Musik heute steht. Viele Leute werden das vielleicht nicht wissen, aber er hat auf all diesen Platten gespielt, die die Entstehung anderer Alben stark beeinflusst haben. Und jetzt schau dir an, wo wir stehen. Das ist doch wirklich beeindruckend.

Wie viel von Rowdy lebt mit diesem Album weiter?

Alles! Ich muss zugeben, dass ich viel darüber nachdenke. Nicht nur wegen Rowdy, aber er brachte mich als Erster dazu. Wenn Menschen sterben, vermissen wir sie sehr. Vor allem, wenn sie einen besonderen Platz in unserem Herzen haben. Natürlich sit das traurig. Andererseits ist es auch erstaunlich, denn sie hinterlassen all diese kleinen Teile von denen du glaubst, dass sie auch verschwinden. Denn du denkst nur daran, wie Scheiße es ist, dass sie nicht mehr unter uns weilen. Aber sie leben immer noch in uns weiter. Wer auch immer das für dich oder mich ist. Diese kleinen Teile ihres Geistes und Charakters leben weiter. Und es liegt ans uns, sie weiterzuführen. Sie weiterleben zulassen. Wir haben nicht mal eine Kontrolle darüber. Es ist bitter und süß zugleich.

Das hast du wundervoll gesagt!

Ja Mann, so ist halt das Leben.

Mal abgesehen von der Arbeit mit Rowdy, mit welchen Leuten aus der Branche arbeitest du am Liebsten?

Aaron Raitiere ist definitiv einer davon, wie auch Adam Hood. Meg McCree sowieso und Ben Chapman, Megs Nicht-So-Bessere-Hälfte. Meg ist nämlich seine bessere Hälfte. (lacht) Es gibt eine Menge Leute! Auch die Red Clay Strays oder Drew Nicks. Ich bin bereit mit jedem zu schreiben, der mit mir will. das sind mir die Liebsten

“Country ist wieder cool. Das haben wir Doch schon immer gesagt.“

– Brent Cobb

Lass uns kurz auf „When Country Came Back To Town“ zurückkommen. Darauf singst du nämlich über all die echten Country- und Americana-Künstler. Nennen wir sie einfach die Outlaws. Wie ist deine Meinung zu den Popstars, wie Post Malone, Shaboozey und Dasha? Die gehen hier in Deutschland nämlich richtig durch die Decke.

Was das angeht, spreche ich sicherlich auch im Namen von Rowdy. Denn ich wünschte, Rowdy würde noch unter uns Weilen um sehen zu können, wie weit es unsere gute alte Country-Musik gebracht hat. Auch wie viel und was sie jetzt beeinflusst. Die Leute wollten sich doch nie mit Country beschäftigen, bis es jetzt wieder richtig cool klingt. Jetzt meint jeder, dass Country wieder cool ist. Weil es auch stimmt. Das haben wir doch schon immer gesagt, oder? Zumindest für die letzten 20 Jahre. Rowdy würde das nicht glauben, wenn er sehen könnte, wie groß der echte Country-Spirit heute gelebt wird. Genauso unfassbar ist es, wie angesagt unsere Musik heutzutage ist. Ich finde das großartig. Je mehr, desto besser. Zumindest wenn man etwas zusagen hat. Solange wahre Geschichten erzählt werden und es nicht nur darum geht Geld abzugreifen. Es darf nicht darum gehen, den Markt auszunutzen. Das ist das Einzige womit ich jemals ein Problem hatte. Wenn Leute etwas schreiben, nur um eine Zielgruppe auszunutzen und den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen. Ich mag es, wenn Leute echt sind. Denn Country-Musik ist Soul-Musik. Lass deine Selle raus! Lass sie singen!

Ich denke, es wird dich umhauen, wenn du siehst, wie sehr sich die Country-Landschaft entwickelt hat, seitdem du das letzte Mal hier warst. Heute sind nämlich 500-600 Leute im Publikum, entgegen der 20-30 Fans die dich damals sehen wollten. Daher Danke nochmal, dass du immer wieder hierher kommst!

Ich mache das gern! Ich habe allerdings auch gehört, dass das Publikum jünger geworden ist. Deshalb nur noch eine Anmerkung zum Schluss, weil ich das beachtlich finde. Bei meinem letzten Besuch waren die Leute da draußen noch Kinder in der Middle School. Sie waren noch nicht mal alt genug, um die Konzerte zu besuchen. Und jetzt, nach diesen sechs Jahren sind genau diese Kinder im Studentenalter und interessieren sich für Country-Musik. Das ist doch ziemlich geil!

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